Goldsuche in Neuguinea
Mit Pfeil und Bogen rüsteten sich 1984 die Eingeborenen der Iver-Fly-Provinz Papua-Neuguineas, das unter deutscher Beteiligung betriebene Gold-Kupfer-Bergwerk am Ok-Tedi-Fluß zu belagern. Nur 30 Jahre zuvor waren erstmals die Weißen in die Star Mountains im zentralen Rücken des Hochlandes vorgedrungen. Im Quellgebiet der Flüsse Ok Tedi, Ok Mani und Ok Menga traf eine australische Buschpatrouille auf einen bis dahin unbekannten Einwohnerstamm, die Min.
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Goldrausch und Goldkonzerne
Die Eingeborenen lebten vom Ackerbau und von der Jagd. Ihr Kontakt zur Außenwelt beschränkte sich lediglich auf einen gelegentlichen Tauschhandel mit den Nachbarstämmen. Weder die Min noch die Australier ahnten damals, daß man sich auf einem “Topf voller Gold” begegnete, wie später einmal in einem Buch über das Bergbauprojekt geschrieben wurde. Auch die kaiserlich deutschen Kolonialbeamten hatten 60 Jahre zuvor keinen blaßen Schimmer von den Reichtümern, die von dem Fluß Sepik, der aus Norden kam, angeschwemmt wurden.
Das koloniale Treiben beschränkte sich stets auf die Kü stenregionen. Das geheimnisvolle Hochland wurde erst in den 30er und 40er Jahren vornehmlich von Goldsuchern durchforscht. Vielen von ihnen schreckten nicht einmal Nachrichten über Kanibalen im Hinterland ab. Besonders berüchtigt waren die Kukukukus. Diesem Eingeborenenstamm war offenbar kein Hinterhalt zu feige. 1932 brachen zwei australische Goldsucher auf, um mit neun Trägern im Land der Kukukukus Gold zu schürfen.
Sie schlugen alle Warnungen der Regierung in den Wind. Aber schon am ersten Tag machten sie mit den berüchtigten Killern des Urwaldes Bekanntschaft. Zu aller Überraschung machten die Eingeborenen jedoch Friedenszeichen und schlossen sich der Expedition an. Mit ihrer Hilfe fanden sie den Kapau River. Dort – weit genug von der nächsten Polizeipatroullie entfernt zogen sie ihre versteckt gehal tenen Steinkeulen hervor und massakrierten die gesamte Truppe.
Ursache der Unruhen im Jahr 1984 waren mehrere Unglückfälle. Ursprünglich sollte die este Abbauphase, die Goldproduktion, bereits im Mai 1984 anlaufen. Am 14. Juni geriet jedoch im Golf von Papua ein Schleppzug auf dem Weg in den Fly River in einen Wintersturm. Mehrere Container mit 270 Tonnen Natriumzyanid, das wasserlöslich ist und Blausäure freisetzt, wurden über Bord gespült. Mindestens ein Faß wurde aufgerissen.
Vier Tage später, am 19. Juni, war in der Mine ein Ventil mit hochgiftigen Abwässern geöffnet worden. Das Bergwerk mußte acht Tage lang geschlossen werden. Dann hat die Regierung die Geduld verloren und ordnete die vorübergehende Stillegung an, weil nach den Worten des zuständigen Bergbauministers, Francis Pusal, die Gesellschaft die Rückstände aus der Goldgewnnung in einer Weise abgelagert habe, die eine Verseuchung des gesamten Flußsystems ausgelöst hätte.
Amerikanische Geologen hatten am Ok-Tedi-Fluß in den Star Mountains im westlichen Teil Papua-Neuguineas und in unmittelbarer Nähe zur indonesischen Grenze, fünf Breitengrade südlich des Äquators, eines der größten Kupfererz- und Goldvorkommen der Welt entdeckt. Neuguinea ist nach Grönland die zweitgrößte Insel der Erde. Im 2070 Meter hohen Mount Fubilan konnten sie 260 Tonnen Gold, 18 Tonnen Silber, 25.700 Tonnen Molybdän und 2,36 Millionen Tonnen Kupfer nachweisen. Jede Tonne Erz enthält knapp drei Gramm des gelben Metalls. Die Exploration war von der Regierung einem internationalen Konsortium übertragen worden.
An der Ok-Tedi-Mine ist die Regierung Papua-Neuguineas mit 20 Prozent beteiligt; die australische Broken Hill (BHP) hält 30 Prozent, die US-Firma Standard Oil of Indiana über ihre Tochter Amoco Minerals Australia Co. weitere 30 Prozent; die deutsche Metallgesellschaft AG und die Degussa AG (Frankfurt) sind mit jeweils 7,5 Prozent beteiligt, die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG) mit 5 Prozent. Die Degussa hat den größten Teil der Technologie geliefert; durch Ok Tedi ist sie erstmals an einer Primärgoldgewinnung beteiligt.
Schon 1984 sollte das Bergwerk in Betrieb gehen. Im selben Jahr sollte eine Goldlaugeanlage ihre Arbeit aufnehmen mit einer jährlichen Goldproduktion von bis zu 16 Tonnen. Nach einer fünfjährigen ersten Abbauphase verblieben die anfallenden Goldmengen im produzierten Kupferkonzentrat (32 Prozent Kupfer und 24 Gramm Gold je Tonne). Die Geologen hatten ausgerechnet, daß in jedem Jahr 100.000 Tonnen des roten Halbedelmetalls gewonnen werden können. Die letzte Abbauphase sollte schließlich der Molybdängewinnung dienen.
Schätzungen gingen davon aus, daß die Mine 27 Jahre lang betrieben werden könnte. Deshalb wurde nmitten des dichten und subtropischen Urwaldes, wo natürlich eine Infrastruktur noch gänzlich fehlte und die gesamte Ausrüstung per Flugzeug und Hubschrauber zum Mount Fubilan befördert werden mußte, eine kleine Stadt mit 800 Häusern gegründet, ausgestattet mit Schule, Krankenhaus, Polizeistation und einem Gemeinschaftshaus. Zeitweise sollten hier bis zu 1900 Menschen beschäftigt werden. Die Kunststadt zur Ver sorgung der Ok-Tedi-Mine wurde Tabubil genannt. Der Flugplatzverfügt über Navigationshilfen, und über den Computer des von einem Deutschen geleiteten Reisebüros kann man sogar Flüge in alle Welt buchen.
Bis Januar 1985 waren schon 1,2 Milliarden Dollar für das Bergbauprojekt aufgebracht worden. Und immer noch geisterten Meldungen durch die Korridore der beteiligten Firmen, eine der größten Gold- und Kupferminen der Welt könnte ganz geschlossen werden. Zum einen wurde eine gewaltige Umweltzerstörung angenommen, andererseits befürchtete die Regierung Papua-Neuguineas, Abmachungen über den Ausbau der Mine verletzt zu haben. Für möglich wurde gehalten, daß das Ok-Tedi-Minenkonsortium nur das Gold abbauen wolle und dann die Grube verlassen werde. Die Ungewißheit hatte im März 1985 ein Ende, als die Regierung sich mit dem Konsortium erneut einigte.
Schon wenige Jahre später, 1990/91, zermahlte die riesige Bruchanlage unter ohrenbetäubendem Lärm mehr als 60.000 Tonnen Erz pro Tag. Muldenkipper transportieren 170 Tonnen in einem Mal. Die Talsohle der Goldmine lag in 1750 Meter Meereshöhe. Wenige Jahre zuvor konnte man noch einen Blick auf den Mount Fubilan genießen. Aber nun existierte der Gipfel nicht mehr. Seit Beginn des Bergbaues 1984 haben Bagger 200 Millionen Tonnen Gestein abgetragen. Dafür wurden rund 100 Tonnen Gold und beinahe 300.000 Tonnen Kupfer gegossen.
Ähnliche Beteiligungen wie an der Ok-Tedi-Mine hält die Regierung an weiteren Bergbauprojekten, so dem Gold- und Silbertagebau auf der Insel Misima im Lousidiade-Archipel und dem Goldbergwerk am Mount Waruwari bei Porgera in der Hochlandprovinz Enga. Damit sichert sich Papua-Neuguineas Führung ein dauerhaftes Mitspracherecht, während die Einnahmen direkt in die Provinzen fliessen und soll zum Bau von Schulen, Straßen und Krankenhäusern verwendet werden. Tabubil im Ok-Tedi-Gebiet ist eine solche Stadt, mit der das gerade der Steinzeit entrissene Land ins 21. Jahrhundert katapultiert werden soll.
Doch nicht immer klappen die Pläne wie auf dem grünen Tisch vorgesehen. Das liegt zum einen auch an der Bouganinville Revolutionary Army (BRA). Die Rebellen unter dem Führer Francis Ona legten beispielsweise die 1972 eröffnete Goldund Kupfermine Bougainville still. Die Mine war eine reinste Goldgrube, denn immerhin knapp ein Fünftel des Staatshaushaltes von Papua-Neuguinea wurde aus dem Erlös dieser einen Goldmine bestritten.
Sorgen einer anderen Art bereitet ein Goldrausch im Bezirk um den Mount Kare im Hochland der Hauptinsel. Australische Geologen haben dort erst vor wenigen Jahren Goldnuggets gefunden. Der Konzern Conzinc Riotinto Australia (CRA) erhielt zwar die Explorationsgenehmigung, aber die Untersuchungen konnten kaum beginnen, weil Stammeskrieger der Huli mit Äyten und Macheten die Goldsucher verjagten. Zu allem Überfluß beansprucht auch noch der Stamm der Enga das Gebiet. Bis Ende 1990 haben 4000 Stammesangehörige ihre Claims abgesteckt und förderten zusammengezählt etwa 10 Tonnen Nuggets. Die Goldklumpen sind stark silberhaltig (25 Prozent).
Nach dem lokalen Recht ist der Goldrausch mitten im Urwald sogar legal, denn der größte Teil des Urwaldes gehört der Allgemeinheit. Und wer nur mit einfachen Handwerkszeugen nach Bodenschätzen gräbt, der darf seine Funde auch behalten. Mittlerweise beschäftigen sich die Gerichte mit den Stammesfehden. Auch sollen weiße Geschäftsleute in Betrügereien verstrickt sein.
Um ein ähnliches Chaos zu verhindern, verhandelte Ende der 90er Jahre die Regierung mit den Einwohnern der Insel Lihir über das dort entdeckte Goldvorkommen. Die Insel gehört zu der zum Bismarck-Archipel gehörenden Provinz Neuirland. Das Gold kommt hier allerdings nicht – wie am Mount Kare – in reiner Form vor, sondern als sulfidisches Erz.