Goldsuche in Kanada
Selbst das an hochwertigen Mineralien, die über das ganze Land verstreut liegen, reiche Kanada, kann auf ein Goldfieber zurückblieben. Berühmt waren die 1896 entdeckten Seifen des Yukon, die bis hinüber nach Alaska einen richtigen “rush” verursachten. Fündig wurde man aber auch in Ontario und in Britisch-Kolumbien. Man schätzt, dass bisher nur die Oberfläche der Lagerstätten gestreift wurden.
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Einst zogen die Prospektoren, wie sich die Goldsucher offiziell bezeichneten, in die Wildnis, um dort ihr Glück zu probieren. Heute trifft man in den entlegenen Gebieten noch vereinzelt auf Veteranen einer längst vergangenen Romantik. Immer häufiger sind auch junge Menschen darunter, Aussteiger einer Zivilisation, deren Lebensauf gabe sich in hektischem Alltagsstress und einer unvorstellbaren Konsumverschwendung liegt. Unter den modernen Goldsuchern sind aber auch Forscher, Geologen, die mit modernsten Geräten die unterirdischen Schätze aufspüren.
Trotz der stetig wachsenden Modernisierung finden sich noch einige Abenteurer. Im Cariboo-Gebiet um Barkersville, rund 500 Kilometer nordöstlich von Vancouver, gibt es noch die “echten” Goldschürfer. Statt Hacke und Schaufel und der schon legendär gewordenen Goldwaschpfanne bringen sie Geräte und Maschinen mit. Sie leiten Bäche um und legen Stollen an. Hier kann noch jeder sein Glück versuchen, auch Ausländer. “Sie müssen nur ein Zertifikat erwerben und ihren Claim registrieren lassen.”
Ein Claim ist zwischen 250.000 und 320.000 Quadratmeter groß, rechtwinklig. Früher war das Abstecken eine meist dramatische Angelegenheit. Es war eine echte Wildwestzeit, und wenn zufällig keine Indianerüberfälle an der Tagesordnung standen, balgten die Goldgräber unter sich. Nicht selten war es ein Spiel um Leben und Tod. Mancher wurde innerhalb weniger Jahre steinreich, und doch sollten Gestalten wie Barker und Cameron in Armut sterben, die einst zu plötzlichem Reichtum gelangten. Aber ihre Namen hielten Einzug in unvergessene Geschichten. Geradezu typisch sind Goldgräber wie Russel McDougall, der einmal eine halbe Million Dollar gewann und sie ebenso schnell wieder verlor. Beinahe ohne den Anflug von Wehmut meinte er: “Aber wenn ich noch mal zwanzig wär, würde ich wieder als Goldgräber anfangen.”
Obwohl der eigentliche Goldrausch in Britisch-Kolumbien kaum fünf Jahre anhielt, so machte er doch diese Provinz einigermassen erschlossen. Heute versucht man, aus den ehemaligen Goldgräbermetropolen wie Barkersville, die inzwischen zu Geisterstädten zerfielen, den noch anhaftenden Glanz mittels Renovierung von Seiten der Regierung aufzufrischen. Das Ziel: Touristenattraktion. Barkersville ist eine Stadt, die wieder aufersteht.
1868 brannten die Hütten und Buden, aus denen Barkersville bestand, bis auf den Grund nieder. Danach kamen etliche Gesellschaften, um mit Schlämmprozessen das Edelmetall zu gewinnen. Langsam entwickelte sich die Gegend zu einer grässlichen Mondlandschaft. Man schätzte, um Barkersville wurden zwischen 50 und 80 Millionen Dollar Gold gewaschen. Dann zogen sich auch die Gesellschaften zurück, und die Stadt geriet allmählich in Vergessenheit.
Inzwischen ließ die Regierung die Main Street naturgetreu nachbilden. Häuser wurden wieder aufgebaut, an denen zuvor noch der Zahn der Zeit genagt hat. Jetzt können sich Touristen bei ihren Erkundungen durch die legendäre Stätte einstiger Goldgräberromantik an Erfrischungsständen laben. Und wer länger dableiben möchte, dem stehen Hotels zur Verfügung. Durch Erweiterung der Verkehrswege gibt man sich optimistisch: Noch mehr Touristen werden kommen und weitere Zentren sollen erschlossen werden.
Neuerdings sind spektakuläre Goldfunde im Gebiet um Hemlo in der Provinz Ontario gemacht worden. Das Vorkommen wird auf 17 Millionen Feinunzen geschätzt; anfangs sprach man noch von einer Million Tonnen Erz und 130.000 Feinunzen Gold. Die aktuellen Schätzungen stammen von den drei größten Unternehmensgruppen, die an der Erschließung der Hemlo-Vorkommen beteiligt sind und gelten als “erwiesen und nachweisbar”. Für Freizeit-Goldsucher ist das Gebiet allerdings tabu; die Claims sind ausnahmslos abgesteckt.
Ausgelöst wurde das Goldfieber in der fernen kanadischen Provinz durch die Ankunft der beiden Ozeandamper Portland und Excellsior in den Pazifikhäfen Seattle und San Francisco. Die Passagiere hatten Gold im Gewicht von zusammen drei Tonnen im Gepäck. Vor ihrer Abreise zum Klondike hatten die Abenteurer, zumeist Arbeitslose, Angestelle und Handwerker, kaum mehr besessen, als sie bei sich trugen. Nichts bewegte die Welt so heftig wie die Funde am Klondike schrieb 1899 das British-Columbia-Jahrbuch. Seattle ist völlig verrückt geworden und versessen auf Gold, vermeldete der Berichterstatter des New York Herald. Sogar der Bürgermeister von Seattle, der gerade eine Tagung in San Francisco besuchte, schickte kurzerhand dem Stadtrat ein Telegramm. Der Inhalt: sein Rücktritt. Er kaufte sich ein Schiff und brach in den hohen Norden auf.
Der Glottertäler konnte sich natürlich kein eigenes Schiff leisten. Er fuhr mit einem alten Kohledampfer. Die Kojen waren erbärmlich stickige Verschläge, notierte er in sein Tagebuch. Doch als er an den Stränden von Skagway und Dyea ankam, hatte er den schwierigsten Teil seiner langen Reise erst noch vor sich. Dawson City an der Gabelung von Yukon und Klondike lag noch 800 Kilometer entfernt. Wie viele andere Abenteurer berwandt er die engen Bergpfade und Sümpfe, und kaum hatte er sein erstes Ziel, eine aus Bretterbuden zusammengezimmerte Stadt am Yukon erreicht, da kenterte das Boot. Seine gesamte Ausrüstung ging verloren. Hermann Hoch musste seinen Traum vom schnellen Reichtum erst einmal begraben und verdingte sich als Hilfsarbeiter.
Aber der Glottertäler gab nicht auf. Bereits ein Jahr später begab er sich mit seinem Freund Adolph Wittrock auf die Suche und schürfte 28.120 Unzen pures Gold. Damals waren das umgerechnet eine halbe Million Dollar. Welch unvorstellbarer Reichtum! schwärmte er in seinem Tagebuch. Er war wirklich einer von wenigen Glücklichen, denn von 100 Diggern stieß nur einer auf die Goldader in einem Land, das von den Abenteurern die schlimmsten Entbehrungen abverlangte. Viele der Goldsucher hielten die Strapazen nicht durch. Bis zu 40 Grad unter Null sank das Thermometer. Vielen der Glücklichen, die über Nacht zu Reichtum gekommen waren, schmolz das Gold dahin, entweder beim Glücksspiel, beim Alkohol oder in den Bars und mit den Tanzmädchen, die Dawson City in ein Paris des Nordens verwandelten.
Der Schwarzwälder ließ sich das hart erarbeitete Geld nicht so leicht aus der Tasche ziehen. Er ging nach New Mexico und kaufte eine Mühle. Ein letztes Mal kehrte in Glottertal zurück, um ein 19-jähriges Schwarzwaldmädel zu heiraten. Doch Knochenarbeit im hohen Norden Amerikas hatte seine Spuren hinterlassen. 40-jährig verstarb er an den Folgen einer Lungenentzündung. Das Schürfen in der eisigen Luft und die Anstrengungen des Goldgräberlebens hatten ihn ausgezehrt, berichtete Romy Pabel, die Großnichte. Jahrelang war die Journalistin gemeinsam mit ihrem Mann Hilmar, einem Fotografen, auf den Spuren ihres Großonkels unterwegs. Aus ihren Recherchen entstand schließlich ein Buch: Abenteuer Kanada – auf den Spuren der Goldgräber, das 1987 im Süddeutschen Verlag in München erschien. Schon nach wenigen Monaten war das Buch vergriffen.
Das Gold macht die Leute eben noch immer verrückt, resümierte Romy Pabel und verwies auf Tausende, die es noch immer in die kanadische Wildnis zieht. Allein aus Deutschland kamen 1995 etwa 11.000 Abenteuerlustige nach Dawson City, um die prickelnde Atmosphäre vom goldenen Reichtum zu erfahren und auch selbst ein wenig des glitzernden Metalles zu finden.